Shanghai, China – Mai 2020
Der Sommer beginnt und die Zeit des Lockdowns aufgrund von COVID-19 ist mittlerweile nahezu vollständig vorbei. Bei knapp 30 Grad packte mich die Lust mal wieder im alten Stadtbezirk Xiaonanmen (Kleines westliches Tor) vorbeizuschauen. Nicht wirklich zu meiner Überraschung sieht man immer mehr Zeichen, das einige der alten Viertel bald neuen Hochhaus Komplexen weichen müssen. Zugemauerte Fenster und Türen oder Schriftzeichen an den Wänden zeigen den Fortschritt an – aber auch das Verschwinden eines Stücks Geschichte dieser Stadt.
In einer kleinen Seitengasse findet sich noch immer der unscheinbare Eingang zum ältesten Gebäudekomplex von Shanghai – Shuyinlou. Shuyinlou bedeutet “Abgeschiedene Bibliothek”. Lu Xixiong, im Besitz vieler Bücher und Kunst, bautet sich 1763 eine kleine Bibliothek umgeben von einer hohen Mauer und feuerfesten Fliesen. In den 250 Jahren hat sich vieles in der ursprünglichen Bibliothek verändert – Besitzer und Bewohner, sogar eine Spielzeugfabrik war einmal untergebracht. Der Name blieb aber bestehen – Shuyinlou, “Abgeschiedene Bibliothek”. Die derzeit letzte Bewohnerin Guo Yuwen erlaubt an manchen Tagen wenigen Besuchern den Zutritt zum Gebäude, welches komplett in privatem Besitz ist. Lange wird dies wohl nicht mehr so bleiben, denn der Verfall schreitet fort und auch die Stadt Shanghai hat Interesse daran, dieses kulturgeschichtlich relevante Gebäude zu erhalten. Ist ist wohl schon zu Verhandlungen und Beschlüssen gekommen, die nur noch eine Frage der Zeit sind, bis sich die Situation wieder einmal komplett verändern wird.
Tagtäglich verlassen Bewohner im Xiaonanmen Bezirk ihre Wohnungen
Die ersten Zeichen für anstehende Veränderungen: verbarrikadierte Fenster und Türen
An diesem Baum wachsen im Sommer Orangen. Auch er wird wohl bald verschwinden.
Dachkonstruktion im Nebengebäude von Shuyinlou
Innenbereich des Haupthauses von Shuyinlou
Dekoration über dem Haupteingangstor
Zwischen dem Hauptteil links und dem Außenbereich rechts
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